3. Juni 2016
Die Einkaufstortour 3.6.16
Heute war der erste Versuch regional einzukaufen. Perfekt vorbereitet und motiviert starteten wir um 13:30 Uhr an einem Freitag Nachmittag.
Nun ehrlich gesagt der Feierabendverkehr war nicht gerade der stressfreiste Anfang der Tour und verlangte uns bereits die ersten Nerven ab... Nun gut... In Ottensheim eröffnet heute der erste regionale Bauernmarkt "BERTA" in dem Lebensmittel von regionalen Produzenten angeboten werden. Um nicht völlig unangekündigt dort aufzutauchen und die guten Leute dort zu überfordern hab ich vorsorglich am Vortag eine Nachricht geschrieben, mit Link zur Presseaussendung - vielleicht hilft der Deckmantel ORF ja... Pustekuchen - endlich in Ottensheim angekommen haben wir das Geschäft sofort gefunden - gegenüber der "Alten Post" - *ckeck*... als erstes haben wir uns mal im Laden orientiert und uns danach brav an der Kasse angestellt um diverse Informationen bezüglich Herkunft der Grundzutaten zu holen. Kaffee aus Fair-Trade Handel oder direkt Handel ist zwar nett - aber wohl kaum regional... Ein gestresster junger Mann hörte sich meine Rede an - ob er etwas verstanden hat bleibt fraglich - er war sehr gestresst... Leider konnte er den Rest auch nicht verstehen, da aus dem Hintergrund gebrüllt kam: HEY - net tratschen - Kundschaft wartet... Okay... Verwirrt verließ ich den Laden, nicht ohne meine Bitte um Adresse der Hersteller zu deponieren - mir wurden diese bis nächste Woche zugesagt... Ich bin gespannt.
Weiter gings im Bio-Supermarkt Denn's... Kaum gefüllt dachten wir - Hurra hier haben wir Service pur. L e i d e r hat das Telefon geklingelt und die Dame an der Brottheke hat uns telefonierender weise den Rücken zugedreht... Auch kein Problem - die Dame an der Kasse ist dann unsere nächste Anlaufstelle... Hinter uns ein Kunde... Zufällig ein Freund und Helfer - wohl aber auch irgendwie im Stress... Ich erkläre der Dame an der Kasse unser Anliegen das wir doch länger in Zeit für Beratung benötigen und ich einen Termin bei der Filialleitung brauche. Klar fragt die Frau an der Kasse mal nach warum wir die sprechen wollen. Ich laber wieder meinen Satz bezüglich Regionalität runter und der Polizist hinter uns stuft uns gleich mal als "Spinner" ein. Nicht der erste heute - auch im regionalen Bauernladen wurden wir von den anderen Kunden und vom Personal etwas schief angekuckt.... Okay - lassen wir den Ordnungsmann mal vor.... Die Dame an der Kasse erklärt uns derweil noch, dass die Filialleiterin jetzt in Pause ist und vor 16:30 Uhr (also in knapp 2 Stunden) wieder zurück sei. Ich bitte daher um die Telefonnummer um einen Termin zu vereinbaren. Davor noch eine kurze Debatte ob wir nun selber beim Gewürzhändler nachfragen wollen... Auf die Frage hin ob die Kette Denns als ein möglicher Nahversorger für die nächsten 12 Monate nebst Werbeauftritt im ORF verzichten wolle hat die Dame erst nach dem 2. Mal reagiert... Nun Ja... Freitag nachmittag - die Ausrede hat heute schon mehrmals herhalten müssen.... 10 Minuten nachdem die Kassiererin nach hinten verschwunden ist kam diese mit einer Handynummer der Bezirksleiterin (später stellte sich heraus - Zuständigkeit für 2 Filialen) retour. Noch immer in der Hoffnung heute Lebensmittel zu kaufen rief ich die Dame an - leider nur das Tonband... nach weiteren 2 hoffnungslosen Versuchen hinterließ ich eine Nachricht mit meinem Anliegen... später sollte sich herausstellen - Frau Danner ist eine sehr nette Dame - Sie gab mir sofort einen Termin und versprach mir sich über die Geschichte Gedanken zu machen - ja Sie gab uns sogar einen kleinen Hoffnungsschimmer in der Servicewüste Einzelhandel nicht ganz alleine da zu stehen - hier hat aber denke ich der Joker ORF gezogen - große Handels-Ketten haben den Sinn Marketing schon eher verstanden....
Ich will aber nicht zu sehr vorgreifen - die Tortour war noch nicht zu Ende.... Frohen Mutes zogen wir Richtung Landstrasse zum Bio-Laden am Volksgarten. Hier bekommt der Begriff Chaos - Unkoordiniertheit und Unübersichtlichkeit eine neue Dimension... Berge von Waren in viel zu engen Gängen - ohne irgendwelche genaueren Hintergrundinformationen.... Aaaaber eine Dame, die offenbar hier beschäftigt ist, da sie eifrig Waren in die ohnehin schon zu vollen Regale stopft... Drei Damen an der Kasse in ein angeregtes Gespräch über weiss Gott was vertieft - sah aber nicht so aus als ob die hier beschäftigt sind - kann mich aber auch irren... Schön - wir versuchen selber unser Glück... Von einem regionalen Bauern kann man hier "Körner" kaufen - die dann selber vermahlen und als Mehl mit nach Hause nehmen... SUPER! Ich bekomm hier was - nur mal nachfragen - komischerweise hat derselbe Bauer auch Reis und andere Körndl im Angebot die hier eigentlich nicht wachsen - aber ich lass mich gerne aufklären... Leider ist die Dame, die uns das beantworten könnte noch immer mit einräumen beschäftigt - nur jetzt hat sie uns noch demonstrativer den Rücken zugekehrt - sie hat uns belauscht und wohl auch als "Spinner" eingestuft... Gut - mir reichts...
Gegenüber ist ein Hofer... Der hat Gmunder Milch - wir kaufen beim Hofer nun 1 Packung Butter und 2 Liter Milch - beides von der Gmundner Milch - wenn die jetzt die Milch aus Italien hochgekarrt haben - EGAL!!!! Ich hab Hunger, Koffeinentzug, bin total angepisst von der Ignoranz der Angestellten im Einzelhandel und hab ich schon erwähnt.... ICH HAB HUNGER!!!
Zuhause angekommen ein verzweifelter Anruf bei meiner lieben Carmen... in 0,02567 Sekunden hat die mich runter geholt und zeigt mir nächste Woche ihre Lieferanten!!! Ein Hoch auf die Maus! Der erste Rettungsschimmer am Horizont - natürlich neben Mani - der hat sich das ganze live mit antun dürfen - mit dem Schwierigkeitsfaktor entnervter Elkobert an seiner Seite.... Nicht zu vergessen - die vorhin bereits erwähnte Frau Danner - nach einem wirklich netten Telefonat gab Sie mir einen Termin übernächste Woche - auch Sie hat uns noch einen kleinen Hoffnungsschimmer gegeben - ich berichte darüber dann noch mal gesondert....
Alles in allem - das "regionale" Essperiment lässt ziemlich viele Parameter unbeantwortet - helfe ich den regionalen Produzenten wenn ich keine Fertig- oder Halbfertigprodukte kaufen kann? Marmelade mit Rohrzucker scheidet leider aus - auch viele Säfte werden von den Herstellern mit Zitronensaft verfeinert - diese gelten in den wenigsten Ausnahmen als regional.... Nicht jeder hat ne Zitronenplantage im Hinterhof ... An Kundenorientiertheit müssen sich die regionalen Verteiber erst gewöhnen - gerade hier trifft ein sehr interessiertes und bewusstes Publikum auf unkoordinierte und gestresste Letztverkäufer... Dass ein Beratungsgespräch zeitintensiv ist - ohne Frage .... Genau hier verlangt der Käufer wieder individuelle und intensive Gespräche und Beratung....
Ist es wirklich gewollt, dass man zum Einsiedler mutiert, weil man in kein Lokal mehr gehen kann - weder zum netten Abendessen beim Ortsansässigen Wirtshaus - noch in die gemütliche Kneipe mit "alternativen" Back-Ground... Auch dort wird Regionalität angeboten - jedoch zu 100 % in der heutigen Zeit nicht durchführbar. Weder der Kunde fragt so spezialisiert nach, noch der Produzent kann in seiner Produktionskette auf diverse Zusatzstoffe verzichten....
Stellt sich oder aber das Essperiment eher politische Fragen, wie z.b. wie kämen wir zurande bei einem EU-Ausstieg oder Ähnlichem? Dann wären die Voraussetzungen für dieses Experiment falsch formuliert. Wir wollten nicht als Selbstversorger, Einsiedler, Spinner oder Süppchenkocher enden... Wir wollen vorleben, dass man auch als berufstätiger bewusster Mensch auf die regionalen Erzeugnisse und Schmankerl zurückgreifen kann.... Bedingungslos regional ist kaum etwas, da selbst in den Aufstrichen Olivenöl verwendet wird. Ja selbst beim Mostbauern ums Eck sind in der Küche 5 nicht eigens produzierte Lebensmittel erlaubt... Klar - Pfeffer ist bei jedem Schweinsbraten dabei - und der zählt noch nicht mal zu den 5 erlaubten...
Also - ORF - Expertenunterstützung wäre jetzt dann mal angebracht - alleine schaffen wir das nie! Auch ist ein Umstieg auf 100% Regionalität nicht von einem auf den anderen Tag zu schaffen. Um sich die Lieferanten für die Grundnahrungsmittel zu erkunden - dauert schon Wochen - Spezielles dauert mitunter Monate - auch im Zeitalter Internet.... Wie gesagt wir sind berufstätig und haben auch noch andere Interessen wie Ernährung... Ein 100 % Umstieg würde auch bedeuten in unserer leistungsorientierten Welt auf das wichtigste in meinem Fall.... Koffein zu verzichten - weder Kaffee - noch Schwarz- oder Grüntee sind in unseren Breiten heimisch... Sollte man daher auf "Chemisch produzierte Koffein Produkte" zurück greifen? Ich denke nicht, dass dies der Outcome dieses Essperimentes sein kann... Also - Was bedeutet Regionalität in Umkreis von 100 km nun wirklich??? Darf ich keinen Honig aus einem Grenzgebiet kaufen, weil das Bienchen bis nach Tschechien gekommen ist???? Sicherlich weit hergeholt - aber wo fängt es an - wo hört es auf...
Das Essperiement wirft bei mir persönlich mehr Fragen auf als es Antworten liefert.... Meine in der Bewerbung angegebenen 70 % regionalen Erzeugnissen haben nichts mit den 100 % regionalen Produkten in der Anforderung gemein...!!!
Es wird spannend - nervenaufreibend aber sicher auch lustig und interessant... Eine Achterbahn der Gefühle - Gusto´s und Vorlieben...